Karl Schmidt
Aus Nacht wird der Tag; aus
Tag wird wieder Nacht;
Wohl ab und an schirrt seine
Rosenpferde
Der Sonnengott: fünfmal hat
nun die Erde
Die Reise schon um ihren Stern
vollbracht.
Und immer noch (ach, Amor, Amor,
werde
Mir schonender! Verleugne
deine Macht!)
Flammt dieses Herz, gleich dem
geheimsten Herde,
Den Vestas frome Priesterin
bewacht.
Oft, wenn des Mädchens holder
Eigensinn
Und meine lange Fessel mich
verdrießen,
Kommt die Vernunft, das Feuer
auszugießen.
Jedoch umsonst; was hat sie
des Gewinn? –
So sprengt ein Kind auf
tobenden Vulkan
Zwei Tropfen Flut – und meint,
es sei getan!
Karl Schmidt
1746 - 1824 Auch dich, o Plan voll
schöner Regenbogen,
Vergißt mein Herz in seinem
Leben nie,
Hier hab ich jüngst, nach
Heimchen Melodie,
Zum Schäfertanz mein Mädchen
aufgezogen.
Doch Schade! Schade wars, als
ich und sie
Wie Blitze risch durch Klee
und Blumen flogen;
Da jagten wir zwey arme
Thierchen, die
Am Schleenbusch den Geist der
Blüte sogen!
Ihr machet uns, ihr guten
Bienchen, Platz:
Jezt jammerts mich; ihr
Bienchen, zum Ersatz
Will ich für euch zwey
Rosenstöcke pflanzen:
Hier, wann ihr einst an Blüte
Mangel habt,
Hier nehmt zurück, was ihr, durch
unser Tanzen,
Am Schleenbusch so schlimm
verlohren gabt.
Karl Schmidt
1746 – 1824 In sternbesätem, blauen
Mantel lag
Am Himmel schon die
lieblichste der Nächte,
So schmachtend schön, als ob
sie noch den Tag
Durch ihren Reiz zu
überflügeln dächte.
Da kam das Kind von göttlichem
Geschlechte,
das, lieblicher als beide,
Nacht und Tag,
An ihrem Stolz durch einen
Blick sich rächte.
Sie tat den Blick, und
Nachtigallenschlag
Empfing sie laut. Entzückendes
Erschrecken
Befiehl der Sterne lichten
Glanz; verstecken
Mußt er vor ihrem lichtern
Auge sich.
was Wunder, wenn, wie Gottes
Blitz, auch mich
Ein Taumel traf, der ihren
Sieg vollendet.
Sie sah mich an: ich stand,
als wie verblendet.
Karl Schmidt
1746 - 1824 O Thais, Thais, mein
geliebtes Leben,
Wenn Arm in Arm geschmiegt,
und Herz an Herz gedrückt,
Mein Mund auf deinem nun der
Liebe Blüten pflückt,
So wüthig, ha! daß Stamm und
Wurzel beben.
Wenn von der Sprache letztem
Feuerleben
Nur noch ein Seufzer brennt,
worinn das Herz erstickt;
Wenn unsre Seelen, nun, ins
Auge vorgerückt,
Sich leiser fragen, leiser
Antwort geben.
Dann Thais, kraisen sich die
Himmel und die Erden
Wie Wirbel um mich her, woraus
die Schlossen werden!
Verwegen, wie ein Aar, der in
die Sonne schaut,
So schau’ ich zum Olymp, und
frage, frage laut:
„Ihr Götter, hab ich nicht
Elysium auf Erden?
„Für wenn doch habt ihr wohl
das Eurige gebaut?“
Last auf Last, von hundert
tausend Wonnen,
Liegt auf meinem Wesen gar zu
schwer,
Wie das Rasen schwüler
Mittagsonnen
Auf dem Aernte-Felde, das
umher
Funken sprüht; die Schnitter
sind entronnen,
Hände, Wagen, Tennen, bleiben
leer;
Zephir liegt, wie Raupen,
angesponnen
Auf den Blumen, Scherze nebenher!
Lieb’, o Liebe, welch ein
tödlich Wüten!
Herz und Sinnen, meines
Geistes Blüten,
Stehn verbraunt, die Häupter
all gesenkt:
Ah! sie harren auf die schöne
Stunde,
Bis von Doris rosenrothem
Munde
Sie ein Kuß mit neuer Wonne
tränkt!
Karl Schmidt
1746 - 1824 Aus Purpurwölkchen gieng der
Sternm der Venus auf,
Als ich bey Minna saß in einer
Rosenlaube;
Da kam ein schönes Kind, und
bot ihr eine Taube
Für wenig Silber an. –
Geschlossen ward der Kauf! –
Daß man die Freyheit nicht
Dionens Liebling raube,
Bat ich, und sah betrübt zu
ihrem Stern hinauf!
Und Minna hörte mich;
wegfliegen ihre Taube
Ließ sie, und lächelte zu
Venus Stern hinauf.
Mir aber, ach! mir wars, als
ob mit Angebinde
Von tausend Kränzen ich im
Himmelsglanze stünde!
Frey war das Täubchen zwar;
ich aber ward gelegt
In Fesseln, welche bald
Verzweiflung bald Entzücken
Mit innigster Gewalt in Leib
und Seele drücken,
Und die man dennoch gern, als
wären’s Kränze, trägt.
Karl Schmidt
1746 - 1824 Auch in diesem finstern
Schattenrisse
Bist du, Mädchen, meiner Liebe
schön!
Deine Lippen athmen junge
Küsse,
Und ein Auge scheint mich
durchzusehn.
Durch die schwarzen Tinten, o
Belisse!
Strahlt hindurch dein schönes
Herz, so schön,
Wie durch Nebel, Nacht und
Finsternisse
Frühlingssonnen aus dem Meere
gehn.
Wie mir wird! – ich weiß es
nicht zu sagen!
Rauschend, wie mit
Engelfittig, schlagen
Liebe, Sehnsucht und Entzücken
mich;
Und, um Schatten? – O wie werd’
ich’s tragen,
(Gott verzeih den Taumel
meiner Fragen,)
Schau ich einst im
Himmelsglanze dich!